<p>Für die S-Bahn Köln werden neue Züge gebraucht, die ebenso visionär sind wie das geplante S-Bahn-Netz der Zukunft vom NVR. Dazu hat der NVR nun eine Ausschreibung gestartet.</p>

Neue S-Bahn-Züge für Köln und die Region

25.05.2022

Im Kölner S-Bahn-Netz der Zukunft sollen einmal viel mehr Fahrgäste unterwegs sein als heute. Dafür muss nicht nur das Streckennetz deutlich ausgebaut werden. Es werden auch Fahrzeuge benötigt, die ihren Teil dazu beitragen, viel mehr Kapazitäten sowie Qualitäten auf der Schiene anbieten zu können. Um diese S-Bahn-Züge für den Bahnknoten Köln zu beschaffen, hat der Nahverkehr Rheinland (NVR) gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) als Juniorpartner nun eine Ausschreibung gestartet. Es geht um rund 100 neue Züge. Zum Vergleich: Heute fahren bei der S-Bahn Köln etwa 60 Züge, die jeweils aber aus zwei zusammengekoppelten Bahnen bestehen. Die neuen Fahrzeuge werden bis zu 25 Prozent mehr Kapazität (Summe der Sitz- und Stehplätze je Fahrt) bringen und wesentlich mehr Komfort bieten als die derzeitigen. Ein besonderer Clou: Sie passen sich flexibel an unterschiedliche Nutzungsmuster an.

Für die am 19. Mai 2022 gestartete Ausschreibung der neuen S-Bahn-Züge hat der NVR gemeinsam mit der Industriedesign-Agentur Neomind ein Konzept entwickelt, wie die neuen S-Bahn-Züge aussehen und gestaltet sein sollen. Dabei stellte sich vor allem eine zentrale Herausforderung: Wie können die teilweise sehr weit auseinander liegenden Bedürfnisse der Fahrgäste bestmöglich in Einklang gebracht und gleichzeitig ein stabiler Betrieb gewährleistet werden?

Im Durchschnitt verbringt ein Fahrgast etwa 25 Minuten pro Fahrt in einer S-Bahn. Dahinter verbergen sich aber ganz unterschiedliche Nutzungsmuster: Die einen nutzen die S-Bahn für eine kurze Fahrt in der Innenstadt; andere – vor allem aus dem ländlichen Raum – sind bis zu einer Stunde mit der S-Bahn unterwegs. Diesem Spannungsfeld aus Regio- und Metroverbindungen muss der neue Zug gerecht werden. Bei Regioverbindungen, also längeren Strecken, braucht es mehr Sitzplatzkapazitäten, während Metroverbindungen für kürzere Strecken stehen, wo möglichst hohe Kapazitäten in Form von Stehplätzen benötigt werden. Beides müssen die Züge gewährleisten können und gleichzeitig den Zielen „hoher Komfort“, „optimaler Fahrgastfluss“ und „maximale Kapazität“ Rechnung tragen. Für eine optimale Schnittmenge soll ein Mix aus Modulen sorgen, die im Zug angeboten werden:

  • Flexmodul (Vis-à-vis-Sitze, die bei Bedarf umgeschwenkt oder eingefahren werden können)
  • Vis-à-vis-Sitzmodul
  • Mehrzweck-Modul mit Klappsitzen
  • Rollstuhl-Modul mit Klappsitzen und
  • Komfortstehplatz-Modul
Die Module, wie sie in der neuen S-Bahn verteilt sein könnten.
Die Module, wie sie in der neuen S-Bahn verteilt sein könnten.
Das mögliche Innendesign der neuen S-Bahnen.
Das mögliche Innendesign der neuen S-Bahnen.

Bei der Entwicklung der neuen S-Bahn-Züge war dem NVR auch das Thema Flexibilität sehr wichtig. Gemeint ist damit die Möglichkeit, die Module relativ kurzfristig verändern oder umbauen zu können, beispielsweise von Sitzplätzen zu Stehplätzen und wieder zurück oder von Vierersitzgruppen zu Dreiersitzgruppen. Auch saisonale oder anlassbezogene Anpassungen, beispielsweise, wenn während der Karnevals-Saison mit höherem Fahrgastaufkommen zu rechnen ist und weniger Sitzplätze benötigt werden, sollen möglich sein. Bisher waren dafür langwierige Werkstattaufenthalte notwendig, die zukünftig deutlich kürzer ausfallen werden. Auch kann die S-Bahn Köln damit vergleichsweise schnell auf sich verändernde Bedürfnisse der Fahrgäste reagieren, ohne dass gleich neue Fahrzeuge angeschafft werden müssen. Denn der NVR plant, die Züge für einen Zeitraum von etwa 30 Jahren einzusetzen.

Ein absolutes Novum der neuen S-Bahn-Züge ist ein WC inklusive abgetrenntem Urinal in jedem Endwagen: keine andere S-Bahn mit hochflurigen Fahrzeugen in Deutschland verfügt bisher über WCs. Darüber hinaus sollen zahlreiche optische und technische Innovationen im Zug den Reisekomfort der Fahrgäste deutlich verbessern. Obligatorisch ist dabei der Einbau von starken WLAN-Routern.

Auch das Fahrgastinformationssystem und die Reisendenlenkung soll mithilfe eines Monitorbandes völlig anders aussehen als noch heute. Dieses Band teilt den Fahrgästen neben dem Linienverlauf auch mit, an welcher Position sie sich aktuell im Zug befinden oder wenn man auf dem Bahnsteig steht, wo noch Platz ist. Eine Übermittlung dieser Daten, z.B. auf das eigene Smartphone oder in die optische wie akustische Reisendeninformation am Bahnsteig, ist ebenfalls geplant. Das wird den Umstieg der Fahrgäste in Zukunft noch komfortabler und schneller machen – und die Züge damit pünktlicher. Zur Pünktlichkeit wird außerdem das Zugbeeinflussungssystem ETCS beitragen, mithilfe dessen die Züge in Zukunft punktgenau halten können, weil der Haltevorgang dann nicht mehr durch einen Menschen, sondern per Software gesteuert wird.

Neben einem neuen, frischen Design, wird auch die Außenseite des Zuges den Fahrgästen noch bessere Dienste leisten. Eingebaut werden soll beispielsweise ein farbliches Linienband, das bereits aus der Ferne auf einen Blick kenntlich macht, auf welcher der S-Bahn-Linien der Zug gerade unterwegs ist.

Das mögliche Außendesign der neuen S-Bahnen.
Das mögliche Außendesign der neuen S-Bahnen.

Die Ausschreibung für die neuen S-Bahn-Züge

„Die zahlreichen Vorgaben, die ein potenzieller Bewerber in der Ausschreibung für die neuen S-Bahn-Züge erfüllen muss, haben wir bewusst sehr ambitioniert gestaltet“, betont Sven Kleine, unter anderem stellvertretender Leiter NVR Eigenbetrieb Fahrzeuge. „Denn diese Züge sollen in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrswende im Rheinland leisten. Dafür müssen so viele Menschen wie möglich motiviert werden, vom Auto auf die Schiene umzusteigen. Um das zu erreichen, war uns bei der Ausschreibung wichtig, dass die neuen S-Bahn-Züge ein Maximum an Komfort und Funktionalität bieten.“

Ob dann alle definierten Anforderungen auch wirklich genau so kommen werden, wird sich aber erst im Zuge des Vergabeverfahrens zeigen, das voraussichtlich bis Ende 2023 dauern wird. Dann geht der NVR nämlich gemeinsam mit der Fahrzeugindustrie Punkt für Punkt die Vorgaben durch und schaut, ob sie wirklich für den jahrelangen und strapazierenden Alltagsbetrieb geeignet sind.

Neben den zahlreichen Anforderungen ist auch der Umfang der Fahrzeug-Ausschreibung für jeden der potenziellen Bewerber eine echte Herausforderung. Etwa 100 neue S-Bahn-Züge will der NVR mit der Ausschreibung anschaffen. Ein Volumen, das es mit Blick auf die Kosten im Milliardenbereich und die Zahl der Neufahrzeuge bisher in Nordrhein-Westfalen so noch nicht gegeben hat.

Sven Kleine, Stv. Leiter NVR Eigenbetrieb Fahrzeuge

„Die neuen Züge sollen in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrswende im Rheinland leisten.“

Sven Kleine, Stv. Leiter NVR Eigenbetrieb Fahrzeuge

Aktuell fahren 60 S-Bahn-Züge aus drei unterschiedlichen Bauserien durch den Bahnknoten Köln, die jeweils aus zwei gekoppelten 70-Meter-Fahrzeugen bestehen und in Summe rund 140 Meter lang sind. Die S-Bahn der Zukunft wird rund 150 und später rund 170 Meter lang sein und ist ein durchgängiger Zug. Mit den rund 100 neuen Fahrzeugen ist eine Steigerung der Gesamtkapazität um bis zu 25 Prozent möglich.

Und diese zusätzliche Kapazität ist dringend nötig. Denn das S-Bahn-Netz Köln wird so massiv ausgebaut wie noch nie, die Streckenlänge wird sich in Zukunft fast verdoppeln. Das Fahrplanvolumen soll mit den neuen S-Bahn-Zügen von heute rund 12 Millionen auf etwa 23 Millionen Zugkilometer im Zielzustand wachsen. Für diese Steigerung werden eigentlich nur 86 Neufahrzeuge benötigt, die übrigen voraussichtlich 10 bis 20 Züge – je nach Herstellerkonzept –  sollen als Instandhaltungs- und Betriebsreserve den Betrieb stabilisieren.

Fahrzeughersteller aus aller Welt für die neuen S-Bahn-Züge

Nach derzeitigem Stand der Planungen sollen zwischen 2027 und 2029 die neuen S-Bahn-Züge in den Fahrgastbetrieb gehen und nach und nach die alten S-Bahn-Züge ersetzen. Um dem Sieger der Ausschreibung ausreichend Vorlauf zu geben, die Lieferfrist erfüllen zu können, will der NVR bis Ende 2023 den Auftrag für die neuen Fahrzeuge vergeben haben. Bewerben können sich dafür Fahrzeughersteller aus aller Welt, wenn sie die geforderte technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Rahmen des Teilnahmewettbewerbes nachgewiesen haben.

Wenn ein Fahrzeughersteller dann den Zuschlag für den Bau der neuen S-Bahn-Züge erhalten hat, endet der Auftrag allerdings nicht mit der Lieferung der Züge. Mit Gewinn der Ausschreibung sichert der Hersteller für die gesamte Vertragslaufzeit von rund 30 Jahren zu, dass die Fahrzeuge fahrtüchtig und in gutem Zustand bleiben sowie täglich und dauerhaft verfügbar sind. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass eine kaputte Fensterscheibe ersetzt werden muss oder auch die Erneuerung von Sitzbezügen gleich direkt im Preis mit enthalten ist.

Außerdem ist angedacht, dass der NVR von Beginn der Vertragslaufzeit an ein sogenanntes Innovationsbudget zur Verfügung stellt. Mit ihm stellt der NVR sicher, dass in Zukunft heute noch nicht oder nur bedingt absehbare Innovationen ohne Aufpreis vom Hersteller eingebaut werden oder in vorab definierten Bereichen des Fahrzeuges weitere Optimierungen durchgeführt werden können. Dazu kann zum Beispiel deutlich schnelleres WLAN gehören, ein neues Lichtkonzept oder ein moderneres Reisendeninformationssystem. Die zukünftigen Fahrzeuge sind also keine statischen Modelle, sondern werden sich mit der Zeit weiterentwickeln, damit die Fahrgäste auch in einigen Jahrzehnten mit einer S-Bahn fahren, die ihren Bedürfnissen bestmöglich entspricht.

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